Der Samstag auf dem Wohnmobil-Campingplatz Långholmen beginnt sonnig, trotz einiger recht grauer Wolken über der Västerbro-Brücke. Doch My deckt optimistisch das Frühstück unter der Markise, während Joakim den Wasservorrat im Wohnmobil nachfüllt.
„danach sehne ich mich seit langem – draußen vor dem Wohnmobil zu frühstücken“, sagt My. „Das ist einfach wunderbar.“ Die beiden setzen sich und genießen Kaffee, Saft, frisches Brot, Weintrauben und Kringel.
Der Wohnmobil-Campingplatz auf Långholmen hat eine schöne und spannende Umgebung mit dem lebendigen Stadtviertel Hornstull, einer Badestelle und dem nahegelegenen Holzboothafen. Camper aus verschiedenen Ländern laufen in Hausschuhen zwischen den Fahrzeugen und dem Servicegebäude hin und her. Mit einem kleinen Café, Laden und den Serviceräumen ist der Campingplatz genau passend ausgestattet, findet das Paar, das an diesem Tag die Stadt erkunden möchte.
„Das ist perfekt und preiswert“, sagt My. Sie hat schon öfter Freunde und Angehörige in Stockholm besucht, doch jetzt ist sie zum ersten Mal für ein Wochenende mit dem Wohnmobil angereist – und die Stadt auf eine völlig neue Weise erleben werden, meint sie. „Jetzt ist es an der Zeit, wirklich Tourist zu spielen“, lacht sie.
„Die Planung war ziemlich schwierig, weil es hier so viel zu sehen gibt! Wir haben eine Top-Liste aufgestellt, was wir alles schaffen möchten.“ Höchste Zeit, um die Markise einzuklappen, das Wohnmobil abzuschließen und loszugehen.

Der erste Halt ist das Gefängnismuseum Långholmen, das nur einen Steinwurf entfernt liegt – ein schlichtes, aber spannendes Museum, in dem man alles von Guillotinen bis zu Strickleitern zu sehen ist, die Häftlinge aus ihren Laken zusammengebunden haben. „Der Flüchtende wurde an der Långholmsbrücke gefasst, steht hier“, liest Joakim auf der Informationstafel. „Oh nein, ich habe gerade gedacht, dass man es verdient hätte, zu entkommen, wenn man so lange an der Strickleiter gearbeitet hat“, meint My teilnahmsvoll.
Nach dem museum ist es Zeit für eine große Aussicht. Dafür besuchen die beiden den Ivar Los Park in der Monteliusgatan oberhalb der Straße Söder Mälarstrand. Von dort eröffnet sich ein Stadtpanorama mit dem Rathaus, der Gamla Stan (Altstadt), Djurgården und dem Vergnügungspark Gröna Lund. Ein leichter Schauer stört nicht die gute Laune des Paares. „Das Rathaus ist so schön – ich habe es noch nie aus dieser Perspektive gesehen“, sagt My.
„Schau mal, da ist Eclipse!“, sagt Joakim und zeigt auf das für manche schreckerregende Höhenkarussell in Gröna Lund. My ist beeindruckt. „Das soll wirklich ein Karussell sein?“ Die Mägen knurren und jetzt wartet ein Mittagessen in Form eines Hamburgers und Caesar Salads bei TGIF am Kungsträdgården. Der Park ist voll mit Kindern, die verschiedene Sportaktivitäten ausüben. „Wenn wir in Stockholm sind, besuchen wir immer den Kungsträdgården“, sagt Joakim.
„Das ist für mich Großstadt und ich finde es toll, dass hier immer etwas los ist.“ Es sei seinem Großvater zu verdanken, dass die beiden jetzt mit dem Wohnmobil unterwegs sind, erklärt er. Er hatte den neuen Wagen gekauft, bevor er vor einigen Jahren aufhörte, mit dem Wohnmobil zu reisen. Und jetzt teilt man sich den Wagen in Joakims Familie. Das Paar hat bereits einen „ganz fantastischen“ Wohnmobilurlaub in Italien verbracht und plant bereits weitere Auslandsreisen. „Unsere gleichaltrigen Freunde waren etwas skeptisch, bevor wir unsere erste lange Reise unternahmen“, erzählt My. „Sie fragten uns, ob wir nur im Auto sitzen, Kreuzworträtsel lösen und alkoholarmes Bier trinken wollten. Doch als wir von all den Orten berichteten, die wir besuchen wollten, wollten sie plötzlich am liebsten alle mitfahren und uns bei der Planung helfen.“ My räumt indes ein, dass die beiden tatsächlich gern zusammen Kreuzworträtsel im Wohnmobil lösen. „Viele junge Leute müssten Ferien im Wohnmobil lieben, wenn sie wüssten, wie schön das ist“, ergänzt Joakim.
„Das Problem ist vielleicht, dass sich nicht alle ein eigenes Fahrzeug leisten können und nicht so viel Glück wie wir haben – und sich eines leihen können.“ My gibt nun ihr Bestes, um junge Leute für den Wohnmobilurlaub zu gewinnen, indem sie darüber auf Instagram postet. Das einzige Problem, das die beiden sehen, ist, dass es etwas schwierig sein kann, Gleichaltrige zu finden. „Doch wir schnacken auch gern mit älteren Leuten, zum Beispiel einem Ehepaar aus Arvidsjaur“, sagt My. „Und außerdem ist es einfach schön, zusammen zu sein“, ergänzt sie mit einem breiten Lächeln.
Nach dem mittagessen nehmen die beiden die Straßenbahn zum ABBA-Museum. Joakims Vater hat ständig ABBA-Hits aufgelegt und das Paar macht gern Urlaub auf der griechischen Insel Skopelos, wo der Film Mamma Mia aufgenommen wurde. Darum sind sie jetzt sehr neugierig auf das Museum. Sie buchen zusätzlich zum Museumsbesuch einen Audioguide, auf dem die Mitglieder der Band selbst die Hörer durch die Ausstellung über einen der größten Exporterfolge der schwedischen Musikwelt führen. „So wahnsinnig viele Platten!“, ruft Joakim aus, als er vor dem Goldraum mit LPs steht. „Cool! Das ist die Gitarre, mit der sie spielten, als sie mit Waterloo gewannen!“, staunt My. Nach dem Museumsbesuch laufen sie zufrieden in Richtung Djurgården-Fähre. „Ich fand das Museum sehr gut und habe sehr viel erfahren, was ich noch nicht über ABBA wusste“, kommentiert Joakim. Die klassische Djurgården-Fähre mit ihrer Aussicht über die Stadtteile Södermalm und Skeppsholmen bringt sie wieder zurück in Richtung Wohnmobil.

Es ist Zeit, sich umzuziehen und für den weiteren Abend herauszuputzen. „Es ist überhaupt kein Problem, sich im Wohnmobil zurechtzumachen – wir haben ja Strom und eine Dusche und Spiegel“, sagt My. „Ja, ich sehe immer so aus – ob ich im Hotel oder im Wohnmobil übernachte, spielt keine Rolle“, ergänzt Joakim.
Einige Stunden später sind sie bereit, den Abend mit einem Drink einzuleiten. Die Bar ihrer Wahl ist das Tak – ganz oben im topmodernen Gebäudekomplex Urban Escape in der City. Wir befinden uns in einem der neuesten Quartiere von Stockholm in der Nähe des Brunkebergstorg. Erneut ist die Aussicht schwindelerregend – wenn auch in anderer Hinsicht. Der Abendsonne ist magisch und der Regen hat sich verzogen. Eine perfekte Einleitung vor dem Abendessen in der Brasserie Balzac, wo die beiden den Abend mit ihrem ersehnten Beef Tatar abschließen.
„So viel wie heute habe ich von Stockholm bislang noch nicht gesehen“, stellt My fest, als sich der Tag seinem Ende zuneigt. Das war bestimmt nicht das letzte Mal, dass sie in einer Großstadt campen werden. „Es ist toll, seine Wohnung mit dabei zu haben und so in der Nähe zu allem zu wohnen“, sagt Joakim. Morgen geht es hinaus in die Natur. Das Wohnmobil wird mit dabei sein.